Kinder, Karriere, Corona: Was Frauen schultern

„Manchmal habe ich das Gefühl, wir Frauen müssten uns klonen, um das alles zu schaffen“, beschreibt eine Zuhörerin beim Videotalk ihre Situation in der Corona-Zeit. Ich hatte wieder zum politischen Videotalk eingeladen; Thema diesmal: wie geht es den Frauen im Landkreis mit der Pandemie? Denn immer noch schultern vor allem Frauen den größten Teil der Familienarbeit, mittlerweile oft parallel zum eigenen Beruf. Und dann kam noch Corona dazu.
„83% der Care-Arbeit ruht auf den Schultern der Frauen“, bestätigte auch Bundestagsabgeordnete Ekin Deligöz, die im Bundestag die Grüne Sprecherin für Kinder- und Familienpolitik ist und beim Videotalk Rede und Antwort stand. 60% der Kurzarbeiter*innen seien Frauen. „Außerdem reißen die sozialen Verbindungen, und wenn die Türen geschlossen sind, nehmen psychische und physische Gewalt zu“, so Deligöz.

Das bestätigte auch Dr. Alexander Lohmeier, Diplompädagoge und Fachdienstleiter der Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche des Caritas Zentrums Traunstein: „Früher war die Frage der Eltern an uns, wie hoch das Taschengeld sein soll. Heute kommen depressive, medienverwahrloste Kinder mit Suizidandrohung zu uns“, berichtete er. Niederschwellige Hilfe seien jetzt wichtiger denn je. Um die Coronafolgen abzumildern, müsse jetzt auch besonderen Wert gelegt werden auf die sogenannte „aufsuchende Jugendarbeit“, bei der Pädagogen und Psychologen direkt Kindergärten, Horte und andere Aufenthaltsorte von Kindern besuchen und dort Sprechstunden anbieten.

Der Wunsch aus dem Publikum an die Politik: echte Gleichstellung von Männern und Frauen auch politisch anzuschieben. Das sei ganz im Sinne Grüner Politik, erklärte Deligöz. Eine zeitgemäße Alternative zum Ehegattensplitting, die Besserstellung von Alleinerziehenden, die Stärkung von Teilzeitmodellen und die Aufwertung von Familienarbeit seien Grünes Programm. „Wir fordern beispielsweise schon lange bessere Infrastruktur in Schulen und Kitas und langfristige Änderungen im Steuerrecht“, so Deligöz.